Das Buffet-Dilemma: Zwischen kulinarischer Freiheit und ungewollter Oma-Invasion
26. Juli 2025

Ach, das freudige Ereignis naht! Ein Geburtstag, eine kleine Familienfeier, vielleicht sogar der jährliche „Wir-haben-es-wieder-ein-Jahr-geschafft“-Brunch. Und was darf da natürlich nicht fehlen? Richtig, ein prächtiges Buffet! Die Idee, die kulinarische Last elegant an einen externen Dienstleister abzugeben, klingt verlockend. Keine stundenlangen Schnippelorgien in der Küche, keine Berge von schmutzigem Geschirr – einfach nur entspannt zurücklehnen und genießen. Wäre da nicht dieses kleine, aber oho-artige Problem: die unangekündigte Invasion der selbsternannten Buffet-Polizei in Form von übermotivierten Verwandten.
Die Bestellung des Buffets an sich ist schon ein Akt der Verzweiflung angesichts der schieren Auswahl. Warm oder kalt? Oder die gefährliche Hybrid-Variante, die garantiert Komponenten enthält, die nach einer Stunde Zimmertemperatur entweder steinhart oder bedenklich weich sind? Wählt man nur warm, murren die Salat-Liebhaber. Entscheidet man sich für kalt und warm, ist die Hälfte der warmen Speisen lauwarm, bis die letzte Tante ihren Senf dazu gegeben hat. Es ist ein Minenfeld kulinarischer Entscheidungen, bei dem man eigentlich nur verlieren kann.
Und dann kommt der eigentliche Clou, das ungeschriebene Gesetz jeder Familienfeier mit Catering: Egal wie oft und wie nachdrücklich man betont, dass man alles organisiert hat – die Omas und die Tanten wittern ihre Chance, das kulinarische Zepter (oder zumindest eine Tupperdose mit fragwürdigem Inhalt) an sich zu reißen.
Da steht sie dann, Oma Erna mit ihrem legendären Kartoffelsalat, dessen genaue Zutatenliste ein wohl gehütetes Familiengeheimnis ist (man munkelt von Mayonnaise-Überschuss und einer Prise Melancholie). Gleichzeitig schleppt Tante Helga ihre berüchtigte Sahnetorte an, die optisch an einen missglückten Vulkanausbruch erinnert, aber innerlich – nun ja, innerlich ist sie eben Tante Helgas Sahnetorte.
Und das, obwohl man im Vorfeld deutliche Worte gefunden hat. „Liebe Familie, wir bestellen ein Buffet, es ist wirklich für alle ausreichend, bitte bringt nichts mit!“ Diese klare Ansage verhallt im Wind der familiären Traditionen wie ein leiser Protestruf im Stimmengewirr eines Fußballstadions. Es scheint, als hätten Omas und Tanten eine Art genetisch bedingte Immunität gegen jegliche Form von „Nein“ in Bezug auf kulinarische Beiträge.
Man könnte fast meinen, sie sehen die professionelle Catering-Bestellung als persönliche Beleidigung ihrer Kochkünste. „Was?“, scheinen ihre besorgten Blicke zu sagen, „Ihr traut uns nicht zu, euch mit unseren Leibspeisen zu verwöhnen? Habt ihr vergessen, wer euch schon als Kinder mit handgemachten Frikadellen und Apfelstrudel großgezogen hat?“
Das Ergebnis dieser ungewollten kulinarischen Doppelversorgung ist ein Buffet, das eher einem Schlachtfeld gleicht als einem harmonischen Genussort. Zwischen den elegant angerichteten Lachsröllchen des Caterers und Oma Ernas rustikalem Kartoffelsalat herrscht eine ungemütliche Spannung. Tante Helgas Sahnetorte thront wie ein trotziger Monolith neben den filigranen Petit Fours. Und mittendrin steht man als Gastgeber, versucht gequält zu lächeln und beteuert, wie „wunderbar vielfältig“ doch alles sei, während man innerlich verzweifelt nach einem Kühlschrank sucht, der groß genug für die spontanen Köstlichkeiten ist.
Die Logik dieser „Ich bring trotzdem was mit“-Mentalität entzieht sich jeglicher rationalen Erklärung. Es ist, als gäbe es einen geheimen Pakt unter den älteren Generationen, der besagt: „Egal was die Jungen sagen, ein ordentliches Fest braucht mindestens drei verschiedene Kartoffelsalate und eine Torte, die so schwer ist, dass man sie eigentlich nur mit einem Gabelstapler bewegen kann.“
Man könnte natürlich versuchen, beim nächsten Mal noch deutlicher zu werden. Vielleicht mit einem notariell beglaubigten „Bitte-keine-eigenen-Speisen“-Vertrag, unterschrieben von allen Familienmitgliedern unter Androhung von Liegestuhl-Entzug im nächsten Urlaub. Aber mal ehrlich, wer traut sich schon, Oma Erna und Tante Helga den kulinarischen Krieg zu erklären?
Am Ende bleibt einem wohl nichts anderes übrig, als die zusätzlichen Köstlichkeiten mit einem gequälten Lächeln anzunehmen, einen extra Tisch aufzustellen und innerlich zu hoffen, dass die spontanen Beiträge zumindest essbar sind. Und vielleicht, nur vielleicht, entdeckt ja der ein oder andere Gast zwischen den professionellen Häppchen und den hausgemachten „Spezialitäten“ ja doch noch ein unerwartetes Lieblingsgericht. Auch wenn es am Ende des Tages wahrscheinlich Oma Ernas Kartoffelsalat sein wird. Denn gegen die Macht der familiären Küchentradition ist selbst das ausgefeilteste Catering-Konzept machtlos. Und so wird die Buffet-Bestellung zur unfreiwilligen Hommage an die kulinarische Eigeninitiative der lieben Verwandtschaft – ob man will oder nicht.
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